Sparkassenplatz 3 8010 Graz
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Archivbesuch Steiermärkische Sparkasse © Elisabeth Probst
Was wäre das Grazer Musikleben ohne den Stefaniensaal – und was wäre der Musikverein Graz ohne den Stefaniensaal! Der größte historische Konzertsaal der Stadt zählt mit seinem festlichen Ambiente und seiner hervorragenden Klangqualität zu den akustisch besten Konzertsälen der Welt. Der Saal in seiner heutigen Ausführung, das prunkvolle Foyer mit seiner Feststiege sowie der Kammermusiksaal wurden 1908 vollendet, und bereits damals hatte Josef Ritter von Franck, Präsident der Steiermärkischen Sparkasse, erkannt: „Abgesehen von der veredelnden Wirkung, welche die Pflege der Musik auf das menschliche Gemüt äußert, kann Graz im Besitze dieser Säle eine Musikstadt ersten Ranges werden […].“
Quelle: Steiermärkisches Landesarchiv
Die Eröffnung des Konzertsaals der Steiermärkischen Sparkasse war aber bereits zwei Jahrzehnte früher erfolgt – mit einem „Fest-Concert“ vor exakt 140 Jahren am 4. November 1885! Bereits 1883 hatte die Steiermärkische Sparkasse nach Plänen des Architekten Mathias Seidl und durch Stadtbaumeister Andrea Franz einen eindrucksvollen Neubau errichten lassen. Die Direktionsmitglieder Max Archer (später Präsident des Musikvereins für Steiermark!) und Gottlieb Beyer setzten sich dafür ein, in diesem Gebäude auch einen neuen Konzertsaal zu errichten, da es der Stadt an geeigneten Aufführungsmöglichkeiten mangelte.
Quelle: Archiv Steiermärkische Sparkasse
Der 1885 nach den Plänen von Mathias Seidl eröffnete Konzertsaal ist nach Kronprinzessin Stephanie, der Gemahlin Kronprinz Rudolfs, benannt. Bereits in seiner ersten Ausführung präsentierte sich der „Stephaniensaal“ „reich und geschmackvoll ausgestattet, ohne überladen zu wirken“ (Tagespost, 6.11.1885). In der Gestaltung, vor allem aber in der Größe unterschied er sich jedoch wesentlich zum Stefaniensaal, wie wir ihn heute kennen. Mit einer Länge von 32 Metern bot der 16 Meter breite und 13 Meter hohe Saal im Parkett Platz für 620 Personen, auf den Balkonen für weitere 300. Eine spätere Erweiterung wurde daher schon früh ins Auge gefasst; die dichte Verbauung des Areals Raubergasse/Landhausgasse hatte jedoch der Bau eines größeren Gebäudes und somit auch eines größeren Saals verhindert. Erst der Ankauf und Abbruch des Vorauerhofes ermöglichte zwei Jahrzehnte später die Erweiterung des Gebäudes zur heutigen Form.
Ankündigung des Eröffnungskonzerts im Grazer Volksblatt, Nr. 250.1885 (18. Jg.)
Das Programm des Eröffnungskonzerts am 4. November 1885 mag uns heute wie ein Potpourri erscheinen, im späten 19. Jahrhundert war die Kombination vieler unterschiedlich besetzter Werke jedoch gang und gäbe. Neben der Freischütz-Ouvertüre von Carl Maria von Weber erklang eine Arie aus Mozarts Entführung aus dem Serail, dazu eine Orgelpassacaglia von Bach sowie Beethovens 9. Symphonie als Krönung des Abends. Vorgetragen wurde auch ein von Robert Hamerling verfasster Prolog. Erzherzogin Stephanie war bei der Eröffnung selbst übrigens nicht anwesend, wie oft erzählt wird, allerdings besuchte das Kronprinzenpaar 1887 ein Konzert im Stefaniensaal.
In den Jahren 1905 bis 1908 wurde das Sparkassengebäude nach Plänen von Leopold Theyer und durch Baumeister Johann Baltl umfassend erweitert, wodurch es seine heutige Form erhielt. Die Hauptfront lag nun in der Landhausgasse, und deren Fassade trägt bis heute die goldene Inschrift „1908“. Der damalige Umbau ermöglichte die lang ersehnte Vergrößerung des Stefaniensaals auf eine Länge von nahezu 40 Meter und die Schaffung einer dreiseitig umlaufenden Galerie; zudem wurde die Walcker-Orgel von 43 auf 52 Register erweitert. In den neuen Trakt wurde ein prunkvolles Foyer und Stiegenhaus gebaut, gekrönt von einer imposanten Glaskuppel. Die Beethoven-Statue wurde von dem Wiener Bildhauer Johannes Benk geschaffen.
Von 1955 bis 1957 erfolgte nach Plänen der Architekten H.K. Zisser und L. Preiß eine aufwändige Renovierung der Säle und der umliegenden Räume – eine Gedenktafel bei den Garderoben erinnert an diese Bauphase. In diesem Zeitraum wurden nicht nur die Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen erneuert, sondern auch die Garderoben, das Foyer und das Vestibül umgebaut. Anstelle der Fiakereinfahrt wurde ein neuer Buffetraum geschaffen. Im Stefaniensaal wurde der Orgelvorhang erneuert und das Podium vergrößert, die Bestuhlung ausgetauscht und die Fenster auf der Seite zum Foyer zugemauert. Auch das in der NS-Zeit entfernte Medaillon von Felix Mendelssohn Bartholdy wurde wiederhergestellt. Am 28. Oktober 1956 wurde der Saal mit einem Konzert der Grazer Philharmoniker unter Rudolf Moralt wiedereröffnet.
Der Stefaniensaal © Robert Illemann
Zwischen 1978 und 1980 gestaltete das Architektenteam „Werkgruppe Graz“ unter Hermann Pichler das Gebäude zu einem modernen Congress-Zentrum um. Durch die Überbauung eines Innenhofes entstand der moderne Saal Steiermark, wofür nun auch die Fenster auf der rechten Seite des Stefaniensaals zugemauert wurden. Das Eröffnungskonzert im neu erstrahlenden Stefaniensaal am 26. September 1980 wurde wiederum vom Musikverein veranstaltet: Unter Mariss Jansons spielte die Leningrader Philharmonie Werke von Berlioz, Tschaikowsky und Beethoven. Der Stefaniensaal umfasst heute 1.073 Sitz- und 100 Stehplätze und gehört zu den akustisch besten Konzertsälen der Welt, wodurch Graz international als bedeutende Musikstadt angesehen wird. Der Musikverein Graz veranstaltet im Stefaniensaal jährlich Festkonzerte, Orchesterkonzerte sowie Liederabende und Solistenkonzerte.
Mag. Susanne Flesch
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